Traumasensibles Yoga

Traumasensibles Yoga 
Wissen und Übungen für Yogalehrer und Schüler
 
Yogarichtungen gibt es bereits mehr als genug. Von Ashtanga Yoga bis Yin Yoga wurde alles erfunden und wird heute fleißig in aller Welt praktiziert.
Oft stehen selbstbewusste Gurus und Unternehmer hinter Labels, die ihre Interpretation des Yoga zu vermarkten wissen. 
In dem vorliegenden Buch der Psychologin Eva Weinmann „Wenn Dein Körper sich erinnert“ geht es weniger um die Vermittlung eines neuen Yogastils als vielmehr um das therapeutische Potential, das Yoga zu bieten hat.
 
Das Thema Trauma bekommt derzeit große gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Akzeptanz. 
Allein der sich seit Jahren in den Bestellerlisten haltenden Titel von Stefanie Stahl „Das innere Kind in dir muss heimat finden“, befreit Trauma aus der Schamecke und macht es gesellschaftsfähig. 
Auch wenn wir uns dessen oft nicht bewusst sind, die meisten von uns sind mehr oder weniger traumatisiert und damit in ihrem Selbstausdruck beschränkt.
Somit darf das Grundwissen über Trauma langsam aber sicher zur Allgemeinbildung gehören. 
Es macht durchaus Sinn sich als Yogalehrerin dieses Wissen anzueignen. Schließlich ist Trauma immer auch ein körperliches Thema.
 
Mit solch einem Know-How verhindert ein guter Yogalehrer nicht nur Retraumatisierungen. Es wird sogar möglich, Klienten so sensibel genug abzuholen, dass sie dank des Yoga, ihr Trauma auflösen können oder zumindest Vertrauen fassen, sich ihren nicht verarbeiteten Erlebnissen zuzuwenden.  
 
Wie das geht? 
 
Als erstes, so die Autorin, ist es wichtig zu verstehen, welche verschiedenen Formen von Trauma es gibt und wie sie sich auf unser Nervensystem auswirken. 
So gibt es Schock-, Bindungs-, Entwicklungs-, Transgenerationales-, sowie Kollektives Trauma. 
 
Anhand anschaulicher Beispiele von Klienten wird beschrieben, was Trigger und Flashbacks sind. Auch Dissoziative Identitätsstörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen sind psychische Phänomene, die uns als Mensch prägen bzw. unser Nervensystem und damit unser Denken und Fühlen beeinflussen. 
 
Die Autorin beschreibt leicht und verständlich wie traumasensible Yogapraxis aussehen kann. 
Das im Hier und Jetzt körperlich wie geistig anzukommen ist der erste Schritt. 
 
Kleine Achtsamkeitsübungen für zu Hause als auch für den Unterricht geben wertvolle Hilfestellungen, wie wir unserem Körper Sicherheit schenken können, um uns für Neues zu öffnen. 
 
Sicherheit und Stabilität sind die Schlagworte des Traumasensiblen Yoga. 
Während für viele Menschen allein die Vorstellung ins Yogastudio zu gehen,  Stress auslöst, weil es mit „Leistung erbringen“ verbunden ist, hat dieser Ansatz die Absicht, Stress zu vermeiden. 
Stress löst kein Trauma, eher verstärkt es den Erhalt. 
Erst wenn Du Dich sicher und stabil fühlst, so die traumatherapeutische Theorie, kannst Du in die Wachstumszone kommen. Wirst Du aber zu schnell überfordert, kommen wir in den Panikbereich und dann auch in die Retraumatisierung. 
 
Sehr feinfühlig und verständlich erklärt, gibt Weinmann anschauliche wie konkrete Yogaübungen an die Hand, die darauf abzielen, die Selbstregulation und Heilung des Yogapraktizierenden zu fördern. 
 
Das Buch ist eine angenehme Mischung aus Praxis und Theorie. Persönlichen Erfahrungen mit und von Klienten erlauben einen tieferen Einblick in die Arbeit mit traumatisierten Menschen. Dabei muss das Ziel gar nicht sein, sich nur darauf zu fokussieren, sondern den Raum dafür zu eröffnen, möglichen Erlebnissen, die im Körper abgespeichert wurden, Raum zu schenken, um ihnen die blockierende Wirkung zu entziehen. 
 
Beginnend mit traumasensiblen Asanas, Entspannungen, Atemübungen, über Nervenregulierenden Elementen, endet das Buch mit Mindset-Tricks sowie Tipps, wie Du den richtigen Unterricht für dich finden kannst, damit er Dir wirklich gut tut. 
 
Ein durch und durch gelungenes Buch sowohl für Yogaschülerinnen als auch Yogalehrerinnen. 
Reichlich bebilderte Übungen, für die die Autorin selbst Modell stand. 
 
Zusätzlich zum Buch führt ein QR-Code den Leser zu kostenlosen Videos mit Übungssequenzen. 
Dieses Buch könnte ein Standardwerk für Yogalehrer werden. 
 
Eva Weinmann: „Wenn Dein Körper sich erinnert“ Knaur Verlag 2023, 26,- Euro