Mittwoch, 28.01.2015, Klosterstift Heiligengrabe
Meine Reise begann heute im lauten Pankow. Ich machte mich auf den Weg zum Hauptbahnhof, zu dem ich aber nicht gelangte: Bauarbeiten. Aus einem Umweg wurde plötzlich, dank VBB App, eine Abkürzung. Mit der S Bahn nach Henningsdorf und von dort mit der Regionalbahn Richtung Wittenberge kam ich beinahe eine Stunde früher in Heiligengrabe an als ursprünglich geplant. Beim Aussteigen aus dem Zug eröffnete sich mir ein Panorama auf ein freies Feld. Danke für die Begrüßung. Weite ist das, was ich und meine Augen jetzt brauchen. 20 Minuten Fußmarsch liegen vor mir. Dann tut sich das mehr als 800 Jahre alte Klosterstift Heiligengrabe vor mir auf. Das Gelände ist auf den ersten Blick unübersichtlich, wie ausgestorben. Das alte Gemäuer macht ehrfürchtig. So gefällt es mir. Frau Prauss, die sich um das Projekt „Mut zur Lücke“ kümmert, das mir diese Auszeit ermöglicht, empfängt mich mit einem hessischen Dialekt und weist mich in die Gästewohnung ein. Dabei stellt sie mir eine Vase mit 5 Tulpen auf den Küchentisch. Fühle mich willkommen. Eine wunderschöne 3 Zimmer Wohnung, rein, groß, ruhig übertrifft meine Erwartungen, wenngleich ich nicht wirklich welche hatte. Eine tiefe Dankbarkeit macht sich in mir breit, dafür, dass ich auf diesen Ort gestoßen bin, hier sein darf. Danke Dirk. Frau Prauss gibt mir zu verstehen, mich nur im größten Notfall bei ihr zu melden, ansonsten einfach in die Stille gehen. Ja genau, das habe ich mir so vorgestellt. Ich werde in Ruhe gelassen. Und plötzlich ist es still! Einfach nur still. Ich bin ganz auf mich gestellt, nur ich und ich. Kein Laden, keine Autos, keine Flugzeuge, kein Fernseher, kein Elektro Smog, kaum Menschen. Jegliche Erwartungen, Zwänge, Verpflichtungen, Alltäglichkeiten, Reaktionen fallen von mir. Die Abwesenheit von Lärm schafft Raum für die Anwesenheit von Stille. Die Stille ist hier unglaublich laut. Wie schön sie ist. Ich bin raus aus dem treibenden Strom der Großstadt. Nun spüre ich meinen Körper viel intensiver, meine Müdigkeit, mein tiefes Bedürfnis nach Frieden und Kontemplation. Es ist so laut in mir, dass ich im Außen Ruhe brauche, um meinen inneren Lärm zum Ausdruck bringen zu können. Ich werde schwerer, erde mich sofort und weiß jetzt schon, dass ich heute früh zu Bett gehen und lange schlafen werde. Zuvor entschleunige ich. Meine Bewegungen werden langsamer, langsam auch meine Gedanken. Die Kopfschmerzen gehen leider auch nicht nach einem Spaziergang über das Klostergelände weg. Ich trinke des abends viel Tee, esse nur einen Apfel. Der immer währende Hunger in der Großstadt ist hier sofort verschwunden. Die Stille erfüllt mich. Der beschränkte Bewegungsradius, das verringerte Tempo lassen meinen Körper weniger verbrennen, Energie wird frei statt erforderlich. Und wieder stoße ich auf mein Thema: Wie wirkt sich die Stadt auf unseren Körper aus? Die Energie der Stadt, der unaufhörliche Lärm, die andauernde Beschleunigung, die vielen Menschen, Bewegungen, Interessen wirken auf den zu Fleisch gewordenen Menschen und zwingt ihn damit sich mehr mit seinem Körper zu beschäftigen, ihm bewusste Aufmerksamkeit zu teil werden zu lassen, sonst wird er, ohne es zu merken, krank. Yoga, Pilates, Körperarbeit, Osteophatie, Physiotherapie sind mehr gefragt denn je. Mein Körper und Geist wird heute abend unsagbar zeitig müde. Bei der Literatur zum Thema „Ying Yoga“ fallen mir schnell die Augen zu, ich schlafe bereits um 21 Uhr. Donnerstag 29.01.2015 Alptraum 4:40 Uhr – Alpträume oder das klappernde Fenster über mir lassen mich wachwerden. Ich habe knapp 8 Stunden geschlafen, genau wie zu Hause. Fühle mich durch Alpträume verängstigt. Sehe im Traum, wie im Film „Wir sind jung, wir sind stark“, ängstliche Vietnamesen verschreckt auf ihrem Balkon stehen, während ich gerade mit einer Freundin gestalkt wurd. In einem anderen Traum verliere ich ein Baby, das andere bleibt. Zwillinge? Sehe einen alten Freund, weiß nicht was er von mir will, fühle mich von ihm verfolgt. Bin hell wach. Schaue aus dem Fenster, in der Hoffnung das klappernde Fenster ausfindig machen zu können. Vergebens. Mir wird die Einsamkeit hier plötzlich bewusst. Der Kopf rattert. Was wollen mir die Träume sagen? Fange an zu schreiben! Zu reflektieren und stelle fest, der Geist hält an der Vergangenheit fest. Schreibe alles reflektierte nieder. Jede Episode einzeln auf einen Zettel. Verbrenne sie. Verabschiede mich, lasse los. Lege mich wieder hin, werde müde und schlafe gegen 6 Uhr wieder ein. 10:30 Uhr Langsam werde ich wach. Fühle mich unglaublich erholt und ausgeschlafen. Liege noch lange im Bett und döse. Gehe in mich und fühle in den Bauch hinein: Wonach ist mir? Welch ein Luxuszustand. Der erste Impuls ist all meine Ideen und Pläne niederzuschreiben, um sie nicht zu vergessen. Sie stehen schwarz auf weiss in meinem Notizheft, ich bin frei mir in aller Seelenruhe mein warmes Frühstück zuzubereiten. Haferbrei mit Pflaume und Banane. Die 12 Uhr Andacht verpasse ich, habe das Bedürfnis nach Stille und Einsamkeit. Somit gehe ich in den Meditationsraum. Mache Fotos vom Raum der Stille, zünde mir eine Kerze an und versinke eine halbe Stunde in Stille. Mein Gott, wie laut es in mir ist. Zukunftsvisionen in diesem inspirierenden Raum wollen gesehen werden. Zwischendurch gelingt es mir ganz still zu werden, den Kopf loszulassen und meinen Atem fließen zu hören. Das Bedürfnis nach Bewegung löst die Meditation ab und bringt mich in einige Yan Yoga Übungen, während der Schnee draußen die Wiese des Damenplatzes bedeckt. Nach zwei Stunden zieht es mich in mein kleines Zimmer. Auf dem Rückweg mache ich Fotos vom Klosterstift und stelle mir vor, wie es hier wohl im Frühling aussehen mag. Der Kräutergarten, die Sträucher und Bäume erblühen und erfreuen Nase, Auge, Herz. Die Vorstellung hier eine Woche wie eine Nonne im Garten arbeitend zu verleben nimmt Farben und Formen an. Ora et labora! Das Bedürfnis hier mit einer Gruppe Frauen herzureisen und gemeinsam in die Kontemplation zu gehen, zu pilgern und zu meditieren wächst. Ich lese „Der Ursprung des Glücks“ von Ryuho Okawa, das ich hier in der Bibliothek ausgeliehen habe. Das Buch ist etwas merkwürdig, wie eine Werbung für das Institut des Autors. Eine Erkenntnis allerdings ziehe raus und lasse sie nachwirken. Die Grundlange für Unzufriedenheit entspringt aus mangelnder Wertschätzung dessen, was man geschenkt bekommen hat. Was da ist. Dankbarkeit, immer wieder dankbar zu sein schafft Demut, Ruhe. Das Gefühl des Mangels schwindet und plötzlich wird das, was da ist, wertvoll. Mein frühes Abendbrot um 17 Uhr nehme ich im gegenüberliegenden Restaurant ein. Eine leichte, warme vegetarische Speise sowie ein schwarzer Tee heben meine Stimmung. Ich bekomme Lust zu lesen und zu schreiben, die Zukunft zu planen. Workshopkonzepte entstehen. Fotos werden sortiert. Bei einer kleinen Yogaeinheit komme ich gut in meinen Körper, merke noch einen Druck im Kopf, lasse die Bewegungen ganz natürlich kommen, lasse den Körper fließen. Plötzlich stelle ich fest, dass ich eine große Blockade im Nacken habe. Die ganze rechte Nackenmuskulatur ist vollkommen verhärtet. Es tut weh, wenn ich drauf drücke. Fange an die Verhärtung durch Drücken und massieren zu lösen. Ich stelle fest, dass dies der Grund für meine Kopfschmerzen der vergangenen Woche sein muss. Mir wird leichter, der Kopf wird freier mit der Massage. Bei einer Yogaübung knackt es ordentlich und plötzlich bin ich frei! Das Buch „Gemeinsam frei sein“ begeistert mich. Die Aufarbeitung der Geschichte der Geschlechter eröffnet mir einen weiteren Horizont auf das Thema Partnerschaft und zeigt sehr logisch und verständlich auf, was und warum mit uns Männern und Frauen kollektiv passiert. Es ist eine Folge sehr alter politischer Interessen, die das Verhältnis von Mann und Frau aus der Erfüllung gerissen haben. Ich komme in einen Reflektionsprozess, der mich nicht schlafen lässt. Bis 2 Uhr morgens lese ich und integriere. Freitag, 30.01.2015 Verschneite Dankbarkeit Obwohl ich erst spät einschlief, war ich um 9 Uhr putzmunter. Ein erhebender Traum von einer Reise an die Cinque Terre, wo ich Familie und Freunde traf, lies mich gut gelaunt in den Tag starten. Der Tag beginnt mit einigen einfachen Yoga Übungen, werde langsam weich, warm und beweglich. Stelle fest, weniger ist mehr. Weniger Essen, weniger Materie, weniger äußere Reize, weniger Kommunikation, weniger schlaf und schon werde ich mehr. Habe es endlich nach langer Zeit geschafft morgens als erstes Yoga zu praktizieren. Im Alltag mit Kind und Kegel ist das schwer. Vermisse Kind und Mann nicht wirklich. Mir geht es gut, ihnen auch. Alles ist gut. Bin dankbar für die Freiheit. Die Idee eine Frauenzeitschrift als Pendant zum Playboy entstand mit der Literatur des Buches „Gemeinsam frei sein: Hier soll das andere Geschlecht allerdings als Subjekt gewertschätzt werden. Mein schöpferischer Zustand kennt keinen Halt. Ich schreibe ein Konzept. Nach dem Frühstück gehe ich zur 12 Uhr Andacht. Die Kapelle ist wunderschön, aber leer. 3 Damen des Klosters scheinen wie auf mich zu warten. Etwa 15 Minuten dauert das Ritual. Es tut gut. Frau Prauss schickt mich auf einen Spaziergang. Ich tue was mir geraten wird, schnappe mir einen Schirm und wandere durch das verschneite 5 Seelendorf Heiligengrabe bis zur Roten Brücke zum Kneippbecken und dem Naturlernpfad. Hier lerne ich verschiedene Vogelhäuschen kennen, laufe sicheren Schrittes in das Labyrinth rein und wieder raus. Mir wird kalt, ich gehe zügig wieder zurück zum Kloster. Eine Stunde Meditation! Samstag, 31.01.2015 Genießen Am letzen Tag verlässt mich die Lust zu schreiben, die Sonne auf den schnellweissen Federn zieht mich in die Natur. So verbringe ich den ganzen Tag, wandernd, Yoga praktizierend, meditierend und lesend. Die Zeit war so intensiv, trotzdem war es zu kurz. Kann mir nun durchaus vorstellen 9 Tage in die Stille zu gehen. Vor dem "Raum der Stille!" finde ich folgende Worte geschrieben!: ES LIEGT IM STILLESEIN EINE WUNDERBARE MACHT DER KLÄRUNG, DER REINIGUNG, DER SAMMLUNG AUF DAS WESENTLICHE! (DIETRICH BONHOEFFER) Es stimmt!
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Daria YogaPolitologin Archives
November 2023
Yoga |
Daria Czarlinska
zert. Kundalini Yoga Lehrerin (Business & Female) zert. Systemischer & Agiler Coach zert. Familienstellerin zert. Thai Yoga Massage Praktikerin zert. Gong Spielerin M.A. Politologie/ Slawistik/Psychologie Gründerin & Leiterin des Sinnergie - Institut für Coaching & Achtsamkeit Newsletter
Daria Czarlinska Deutsche Kreditbank IBAN DE75 1203 0000 1005 166812 - BIC: BYLADEM1001 Wertschätzung
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